Projektportrait: Stadtteilzentrum BONNI, Gelsenkirchen-Hassel
Ein Ort für Alle
Außergewöhnlich und beispielhaft von Anfang an: Das ehemalige evangelische Lukas-Gemeindezentrum in Gelsenkirchen-Hassel hatte sich 1961 als integrativer Ort für Menschen aller Religionen gegründet. Mit dem integrierten Jugendzentrum wurde das erste “Haus der offenen Tür” in NRW geschaffen, ein Ort also, der allen Kindern und Jugendlichen aus dem Stadtteil offen steht: Das “Dietrich Bonhoeffer Haus”, im Stadtteil kurz “Bonni” genannt. Doppelte Pionierarbeit also. Viele Jahre später sollte das Bonni erneut zum Vorreiter werden, denn es hat etwas geschafft, was die meisten Gemeindezentren nicht schaffen – es hat sich als Ort neu erfunden. Als das Bonni 2006 von der Schließung bedroht war, hat Pfarrer Rolf Heinrich gemeinsam mit einem breiten Unterstützerkreis den Neuaufbruch gewagt. Gemeinsam mit vielen Beteiligten wurde eine Vision entworfen, die Bürgerstiftung “Leben in Hassel” als Trägerin gegründet, der Umbau organisiert. Grund und Boden ging von der Kirche auf die Stiftung über, die Stadt Gelsenkirchen gab Sicherheit. Seit 2006/2007 wurde der Prozess durch “Initiative ergreifen” begleitet. Nach zehn Jahren (2015) eröffnete das Stadtteilzentrum mit dem nun offiziellen Namen “Bonni”, mit vielfältigem offenen Angebot, viel Mitmachmöglichkeiten und integrativem Betrieb. Getragen von allen. Das Stadtteilzentrum baut enorm auf die Eigenkräfte des Stadtteils sowie das bürgerschaftliche und zivilgesellschaftliche Engagement, die Liste der Unterstützenden ist lang. Religionsgemeinschaften, lokale Wirtschaftsunternehmen, Banken, Stadtgesellschaft und Politik bilden in der Stiftung eine starke Partnerschaft. Abschließend wurde auch noch das Kirchengebäude ausgebaut. Seit 2021 steht dieser schöne Raum neben kirchlichen Nutzungen auch für größere Kultur- und Stadtteilveranstaltungen zur Verfügung.
Angebote für Alle
Und diese gemeinsamen Anstrengungen machen sich bezahlt, denn im Bonni ist Leben in der Bude. Durch die Pandemie gebeutelt halten die Beteiligten dennoch die Fahne hoch und weichen zum Teil in den virtuellen Raum aus. Egal ob beim Basteln oder Quasseln für die jüngere Generation oder beim Bingo oder regen Austausch beim älteren Semester; das Bonni verfolgt weiterhin seine Vision: Menschen zu verbinden.
Viele verschiedene Menschen zu verbinden, erfordert natürlich ein breites Angebot. Doch was verbindet Hassels Menschen?
Die Kinder? Die sind u.a. bei den Kinderworkshops, der Eltern-Kind-Disco und den Nussknackern sehr gut aufgehoben.
Die Jugendlichen? Diese können sich im Jugendcafé ungestört von anderen treffen und quatschen oder bei einer Runde am Billardtisch oder Kicker ihre Fähigkeiten messen. Und wenn es ihnen in den Fingern juckt, können sie sich im gut ausgestatten Bandraum musikalisch austoben.
Die Erwachsene und Senioren? Bingo! Auch diese Zielgruppen finden zwischen Beratung, Familienevents oder Tanz- und Sportkursen immer etwas passendes.
Im Bonni bleibt also niemand auf der Strecke. Und dies gilt auch für Menschen mit Handicap. Der ansässige Gastronomiebetrieb „Dietrichs” hat sich Inklusion groß auf die Fahne geschrieben. Auf der einen Seite der Fahne beschäftigt und qualifiziert das Bonni Menschen mit Handicap. Auf der einen Seite heißt es Gäste kulinarisch willkommen oder bereitet Mittagstische für Schulen zu. Eine Bereicherung für das gesamte Viertel. In der Fahrradwerkstatt werden nicht nur Fahrräder repariert und gewartet, sie ist auch Ausbildungs- und Praktikumsbetrieb. Cateringbetrieb und Fahrradwerkstatt sichern zugleich das Bonni wirtschaftlich ab.
Zentrum der Vielfalt und Gemeinschaft
In einem Stadtteil mit einem hohen Anteil an Kindern- und Jugendlichen, schwacher sozialer Infrastruktur und einem “ausgeprägten Handlungsbedarf in den Bereichen Bildung und Integration”, ist das Bonni ein echter Ankerpunkt:
Jugendzentrum, Sozialberatung, Kulturort, Gastronomie… – all dies bringt Menschen an diesem Ort zusammen und schafft somit Berührungspunkte und Verbindung. Hier wird, nach eigenem Selbstverständnis “der Leitgedanke der geteilten Verantwortung und Vernetzung im Stadtteil ‘vor Ort’ gefestigt”.
So weitsichtig die grundlegende Idee in den 60ern war, so wegweisend kann das Bonni in seiner jetzigen Form auch heute sein. Ein Vorbild für andere Viertel und Städte der Region. Für andere Projekte mit vielen Partnern und einem gemeinsamen Interesse: Der Zusammenhalt der Gemeinschaft.
Titelbild: Bürgerstiftung „Leben in Hassel“
Projektwebsite: www.bonni.org